Von WELT N24 übernommen am 25.09.2017

 

Wenn es nach dem Chef der Investmentbank JPMorgan, Jamie Dimon, geht, sollten Anleger die Finger von Bitcoin lassen, und auch die Chinesen haben den Kryptowährungen den Kampf angesagt. Daher kam der jüngste Bitcoin-Crash mit Ansage und doch so überraschend. Den Sommer über haben sich Experten gegenseitig in Einschätzungen überboten, was Bitcoin nun ähnelt.

Gleicht die Fahnenstange nach oben eher dem Neuen Markt, der Tulpenblase in Holland oder doch der Kursexplosion der Telekom zur New-Economy-Zeit? Ein untrügliches Signal ist stets das Ausrufen unglaublich hoher Kursziele. Mancher erinnert sich an Silber bei 50 Dollar und Gold bei knapp 2000 Dollar, als Experten 200 und 10.000 Dollar ausriefen. Seither war bei den Edelmetallen per saldo nichts mehr zu holen. Wie ist nun der Status quo bei Bitcoin?

Bitcoin erholt sich rasant

Viele Investoren sind sehr überrascht, wie schnell sich Bitcoin von dem zwischenzeitlichen Kurseinbruch erholt hat. „Auf dem Weg, die Verluste der vergangenen zwei Wochen wettzumachen, herrscht am Markt für Kryptowährungen noch stärkere Volatilität als ohnehin üblich. Anfang September notierte der Bitcoin-Kurs kurzfristig unterhalb der 3000-Dollar-Marke. Wenige Tage später testete die digitale Währung dann schon wieder die 4000-Dollar-Grenze“, sagte Mati Greenspan, Senior Market Analyst bei der Social-Trading-Plattform Etoro.

Bedeutung Chinas beim Bitcoin-Handel ist stark gesunken

Für den Einbruch bei Bitcoin hat es keine horrenden Kursziele gebraucht, die Chinesen haben laut einem Medienbericht die „drakonischsten Maßnahmen“ angekündigt, um gegen Bitcoin vorzugehen. Offensichtlich will das Land nicht zuletzt verhindern, dass mit der Kryptowährung die Kapitalverkehrskontrollen umgangen werden und damit weiterhin Geld ins Ausland abfließt. Nachdem China anfangs den Handel mit der Kryptowährung verboten hatte, haben die bedeutenden Handelsplattformen BTC China und Via BTC angekündigt, dass sie den Handel zum 30. September einstellen werden.

Allerdings ist die Bedeutung des Landes im weltweiten Bitcoin-Handel seit Jahresanfang enorm zurückgegangen. Derzeit macht China nur noch rund 15 Prozent des weltweiten Handels aus, während es Ende 2016 noch mehr als 90 Prozent waren. Während das Land zusehends gegen Bitcoin vorgegangen ist, ist der Marktanteil der USA und Japans stark gestiegen.

„Allerdings ist China das mit weitem Abstand wichtigste Land beim Mining (Schürfen) von Bitcoins“, erklärt Radoslav Albrecht, Gründer von Bitbond, der ersten Darlehensvermittlung für Unternehmer, die mithilfe der Blockchain weltweit erreichbar ist. „Der Marktanteil lag zuletzt bei 64,7 Prozent, weil Miner in etlichen ländlichen Gegenden Zugang zu sehr günstigem Strom haben“, ergänzt Albrecht.

China plant wohl auch, den Zugang zu Bitcoin-Börsen im Ausland wie Coinbase in den USA oder Bitfinex in Hongkong zu blockieren. Selbst die Nachricht über derart drastische Pläne hat der Bitcoin-Kurs bemerkenswert gut weggesteckt. „Der Kurs der chinesischen Zentralbank schadet Bitcoin zwar, sie wird weiteres Wachstum aber nicht stoppen können.

Bitcoin lässt sich beispielsweise leicht in Hongkong und noch leichter in Japan erwerben – zwei Länder, die chinesische Bürger häufig besuchen. Was hindert Menschen daran, Bitcoins in diesen Ländern zu erwerben und dann zu Hause Peer-to-Peer zu handeln?“, fragt Etoro-Analyst Greenspan. Peer-to-Peer bedeutet, dass zwei Privatpersonen Bitcoin untereinander handeln.

Bitcoin vor Revolution?

Wenn es China aber trotz der drastischen Maßnahmen nicht gelingen sollte, Bitcoin in die Knie zu zwingen, und die Kryptowährung ihre weltweite Akzeptanz fortsetzt, könnten die Kurse künftig noch viel stärker steigen als bislang ohnehin schon.

Von umso größerer Bedeutung wird es sein, welche Position andere Länder wie die USA gegenüber Bitcoin einnehmen werden. Sollten auch die US-Behörden den Handel verbieten, könnte das der Kryptowährung einen Tiefschlag verpassen. Dagegen meint Mark Carney, der Chef der englischen Notenbank, dass Kryptowährungen Teil einer „Revolution“ im Finanzbereich werden könnten.

Der Autor ist Finanzjournalist und BILANZ-Kolumnist.